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.So verging eine halbe Stunde.Ich schickte Fabio eine SMS, dass wir mit Verspätung eintreffen würden.Endlich drängten sich die Transitpassagiere in die Maschine, nahmen sämtliche freien Plätze in Beschlag.Jetzt wurde die dicke Dame ausgesprochen böse.Ihr empörter Wortschwall trug schließlich den Sieg davon.Der Steward bat sie auf einen anderen Platz, und auf den ihren setzte sich ein hoch gewachsener Asiate.Er war Japaner, ich merkte es an der höflich unauffälligen Art, wie er mir grüßend zunickte.Ich nickte zurück, wandte mich dann von ihm ab, sah aus dem Fenster.Der Pilot entschuldigte sich für die Verspätung, kündigte den Start an.Bald dröhnten die Triebwerke, das Flugzeug gewann an Geschwindigkeit.Die Maschine hob sich, von Böen geschüttelt, ließ die dichte Wolkendecke unter sich.Plötzlich schien die Sonne, der blaue Himmel funkelte, und die Stewards servierten das Frühstück.Über dem Mittelmeer wehte heftiger Wind.Gerade als ich mein Brötchen anschnitt, sackte das Flugzeug in ein Luftloch.Das Brötchen entglitt meiner Hand, wobei es mein Nachbar mit geschickter Gebärde auffing, wie man einen Ball auffängt.Ich bedankte mich lachend.Er lachte zurück.Sein Lachen hatte etwas Spontanes, Jungenhaftes, sehr unähnlich der konventionellen Grimasse, die manche Menschen sich auferlegten.Ich sagte auf Englisch:»Zum Glück war noch keine Butter auf dem Brötchen.Offenbar gönnt Ihnen das Schicksal heute keinen ruhigen Flug.« »Oh, es fing schon früh an«, sagte der Japaner.»Was war denn?«»Wir waren gerade zehn Minuten in der Luft, als es irgendwo knallte und der Pilot uns mitteilte, dass er Malta anfliegen müsse und wir die Maschine würden wechseln müssen.Unser Flugzeug war wahrhaftig nicht das neueste Modell.Ich nehme an, dass etwas mit dem Triebwerk nicht stimmte.«»Hatten Sie Angst?«»Ich habe immer Angst im Flugzeug.Ich glaube, mein Job passt überhaupt nicht zu mir.«»Was sind Sie denn von Beruf?«»Eigentlich habe ich Archäologie studiert.Meine Dissertation schrieb ich über Sakralbauten in der Jungsteinzeit.Als Volontär war ich im Irak, bevor der Krieg ausbrach, schleppte Tag für Tag korbweise Erde unter den Augen schwer bewaffneter Männer vom Sicherheitsdienst.Wir wohnten in einem Zelt und hatten abends nicht einmal eine Dusche.«»Das würde ich schlecht ertragen.«»Ich ertrug es schlecht und wechselte den Job.«»Und was tun Sie heute?«»Ein Schulfreund in Tokio leitet ein Reisemagazin, Globe, das von einer Versicherung und verschiedenen Travel-Organisationen gesponsert wird.Wir haben eine Anzahl nebenberuflicher Mitarbeiter, Fotografen und Bergsteiger, die alle nicht viel verdienen, aber gern auf der Pirsch sind.Ich selbst befasse mich mit den Service-Kolumnen.In meinem letzten Beitrag ging es übrigens um die Haftung der Airlines und Reisegesellschaften bei Flugzeugunglücken.Ich habe Experten getroffen und Bestimmungen gepaukt und verstand von diesen Dingen fast nichts.Jetzt allmählich bekomme ich den Durchblick.«»Und heute Morgen?«, fragte ich.»Hatten Sie die Paragraphen noch im Kopf?«Er grinste.»Tut mir leid, das Kontrollsystem fiel aus.«Wir aßen unser Frühstück.Ich merkte, dass er mich dann und wann anstarrte, doch sobald ich mich ihm ein wenig zuwandte, schlug er höflich die Augen nieder.Der Steward schenkte mir eine zweite Tasse Kaffee ein, und ich fühlte mich allmählich besser.Fabios Lächeln kam mir immer wieder in den Sinn, und ich sah es mit solcher Deutlichkeit vor mir, als lächelte er mir jetzt in diesem Augenblick zu.Um die Zeit totzuschlagen und meine Ungeduld zu zügeln, erzählte auch ich meinem Nachbarn von meinem Beruf.»Azur« war ihm natürlich ein Begriff.Sein Magazin hatte gelegentlich eine Ausgabe mit dem Schwerpunkt » Beauty und Wellness «.»Für das Gebiet ist eine Kollegin zuständig.Die lässt sich geduldig mit Schlamm, Lotusöl oder Schokolade bestreichen und testet, ob das Wellnessangebot auch hält, was es verspricht.Sie ist in ihrer Auswahl recht pingelig«, setzte er hinzu.Der Steward sammelte die Tabletts ein.Die Fluggeräusche änderten sich.Der Lautsprecher knisterte, man kündigte die Landung an.Die Maschine senkte sich der Landepiste entgegen.Mein Sitznachbar holte seine Brieftasche hervor und gab mir seine Karte.»Es war nett, mit Ihnen zu reden.Ich bin noch einen Monat in Europa.Vielleicht komme ich mal nach Malta.«Ich zögerte – aber nur kurz.»Dann rufen Sie mich doch an.Wir haben einige neolithische Tempel, die gut erhalten sind.Wenn ich abkömmlich bin, spiele ich gern für Sie die Fremdenführerin.«»Ja, danke«, sagte er, »das würde mich freuen.«Noch während ich die Handynummer auf meine Karte kritzelte, bereute ich schon mein Entgegenkommen und setzte hinzu:»Es kann aber sein, dass ich nicht in Valletta bin.«»Nun, ich werde es darauf ankommen lassen«, entgegnete er heiter.»Vielleicht habe ich Glück.«Ich steckte seine Karte in meine Handtasche, ohne einen Blick auf seinen Namen oder den Namen seines Magazins zu werfen, im Geiste schon weit weg.Das Flugzeug berührte die Piste, drosselte die Geschwindigkeit, hielt.Wir waren in Rom.Wie üblich standen die Passagiere alle gleichzeitig auf, stießen sich an, griffen nach ihrem Gepäck.Der Japaner hob freundlich die Hand zum Abschied, ich lächelte ihm zu, angetan von seiner Liebenswürdigkeit, bevor ich ihn im Gedränge aus den Augen verlor und sofort vergaß.Meine Gedanken waren bei Fabio, der zwei Stunden gewartet hatte und jetzt in der Ankunftshalle auf mich zukam.9.KapitelIch sah ihn schon von Weitem, winkte ihm zu, erleichtert und glücklich.Wie ich es mir gewünscht hatte, dachte ich, obwohl ich kaum gewagt hatte, den Wunsch zu formulieren.Welch freudiges Wiedersehen! Sein Lächeln strömte über mich hin, vertrieb meine Unruhe, während ich ihm entgegenlief, diese paar Schritte, seine Hände packte und festhielt.»Ach, Fabio, entschuldige! Wir haben eine solche Verspätung! Du hättest im Büro warten sollen, ich hätte dich ja angerufen.«Er hob die Schultern mit der amüsiert trägen Bewegung, die mir andeuten sollte, dass er die Sache gut geplant hatte.»Das wollte ich ja gerade vermeiden.Offiziell bin ich seit heute Morgen verreist.«Er war sehr schlau, und für einen Augenblick fühlte ich mich durch diese Schläue überlistet.Ich konnte ihm aber nicht böse sein.Was er sagte, klang so unverdorben, so rein und natürlich, und er machte dabei das verschmitzte Gesicht eines kleinen Jungen, dem gerade ein guter Streich gelungen ist, dass ich in Lachen ausbrach.»Du denkst wirklich an alles!«»Meistens.«Er zog mich an sich, stürmisch schlang ich beide Arme um seinen Hals, drückte das Gesicht an seine Schulter.Sein Hemdkragen war offen; er roch nach erhitzter Haut, und sein Rasierwasser duftete nach Akazie und Minze, ein starker, prickelnder Geruch, den ich tief in mich einsog.Da war Glück, nichts als Glück, als ich ihn in den Armen hielt, mitten im Gedränge des Flughafens.Ich sah ihm ins Gesicht, durchströmt von heißer Zärtlichkeit.Alles war einfach geworden, die Trennung längst überwunden und vergessen.»Ich freue mich! Jetzt haben wir drei Tage nur für uns.«Er küsste mich innig, immer wieder, bevor er etwas traurig sagte:»Ich hoffe, dass es drei volle Tage werden.Der Arzt will Cosima sehen, bevor er in Urlaub geht.Meine Sekretärin wird mir den Termin mailen.In einer Woche gibt es ja nur noch Touristen in Rom.«Fabio, dachte ich, warum musst du mir die Freude verderben?Aber wir waren beide erwachsen und machten uns nichts vor.Ich nickte ihm zu, ganz die Verstehende, und er nahm mir die Reisetasche ab, umfasste mich mit seinem freien Arm, während wir zum Ausgang schlenderten.Es war heiß in Rom, ich schlang den Parka achtlos um die Hüften.Fabios Wagen, ein kleiner, unauffälliger Fiat, ein neues Modell allerdings, stand im Parkhaus [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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