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.»Heute Abend bist du eingeladen, mit uns zu essen.« Sein Blick ruhte prüfend auf Sebastian, der sich auf einmal unbehaglich fühlte.Wenn Elia wüsste, was er getan hatte, würde er ihn gewiss hinauswerfen lassen.Ein weiterer Gedanke durchfuhr ihn.Hoffentlich war keines seiner Opfer, die er bestohlen hatte, unter den Anwesenden.Ängstlich sah er sich um.Am liebsten hätte er den Raum verlassen, da aber die Zusammenkunft gerade erst begonnen hatte und er nicht ohne Sepp zum Haus der Stadlers zurückkehren wollte, beschloss er zu bleiben.Zu viel Gesindel trieb sich zwischen der Pegnitz und dem Saumarkt herum.So folgte er dem Freund in einen zweiten Raum, in dem sich die Männer auf einfachen Bänken um einen Eichentisch niederließen.Jemand hatte Körbe mit grobem Brot, einen Topf mit dampfender Suppe, Trinkbecher sowie drei Krüge mit Bier bereitgestellt.Er nahm neben einem älteren Mann mit vollem, auf die Schultern fallendem Haar Platz.Dann tat er es den anderen gleich, senkte den Kopf und faltete die Hände zum Gebet.Nachdem Pankratius dem Herrn für das Essen gedankt hatte, machten sich die Bruderschaftler über die Gemüsesuppe her, in der ein paar Stückchen Schweinefleisch schwammen.Eine Weile waren nur das Geräusch der in die Schalen eintunkenden Holzlöffel sowie das Schlürfen der Anwesenden zu hören, die aus den verschiedensten Ständen zu stammen schienen.Als alle fertig waren, hob Pankratius die Hand.»Es geht das Gerücht, Luther sei tot.Nach dem Reichstag in Worms, so heißt es, sei sein Reisewagen in den Wäldern Thüringens überfallen worden.Ihn habe man an Ort und Stelle aufgehängt.«Ein kahlköpfiger Mann auf der anderen Tischseite nickte.Unter seinem Wams spannte sich ein gewaltiger Bauch.»Deshalb hat man also schon länger nichts mehr von diesem Ketzer gehört.Das hat er nun davon, der feine Herr aus Wittenberg«, erwiderte er grimmig.»Hat er wirklich geglaubt, es mit Rom aufnehmen zu können? Der Heilige Vater lässt sich nicht ungestraft öffentlich kritisieren, auch nicht von einem Professor der Theologie.«Ein anderer, noch junger Kerl mit kurzen blonden Haaren, schnaubte.»Es heißt, der Mann habe nicht nur die päpstliche Bulle verbrannt, sondern den Heiligen Vater sogar als Antichristus bezeichnet, als den ›Sohn des Verderbens‹, von dem der heilige Paulus spricht.«Bulle.Sohn des Verderbens.Antichristus.Sebastian verstand nichts von alledem, worüber die Bruderschaftler redeten.Als hätte Pankratius ihm seine Verwirrung von der Stirn abgelesen, richtete er den Blick auf Sebastian.»Die Heilige Schrift besagt, dass vor dem Ende der Welt der Antichrist kommen wird«, erklärte er.»Christus nannte ihn auch den ›Sohn des Verderbens‹, der offenbart werden muss, bevor der Herr wiederkommt.« Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, während er mit feinem Spott fortfuhr: »Vielleicht war es ja dieser Professor aus Wittenberg.«»Und dieser Melanchthon sein Prophet«, rief einer der Männer dazwischen, »das Tier, wie ihn der Apostel Johannes in Offenbarung sechzehn nennt.«»Gut möglich«, fuhr Pankratius fort, »›das Griechlein‹, wie Luther ihn wohl nennt, tut sich ja ganz besonders dabei hervor, diesen Kerl und seine ketzerischen Lehren im ganzen Reich bekannt zu machen.Wie einen Fürsten haben sie ihn bejubelt, in Wittenberg, aber auch anderenorts.Bei allen Heiligen, die Pamphlete mit seinen ketzerischen Lehren verbreiten sich unter dem einfachen Volk wie Unkraut.«»Nicht nur im ungebildeten Volk«, wandte der Kahlhäuptige ein, »Luther hat auch Künstler wie Cranach und andere Studierte für sich eingenommen.Außerdem etliche Priester, die diesen Unsinn bereits von den Kanzeln verkünden.Selbst in Nürnberg soll es einige unter der Geistlichkeit und den Patriziern geben, die seine Schriften schätzen.Osiander, dieser Judenfreund, gehört auch zu ihnen.Sogar kluge Köpfe wie Pirckheimer, Albrecht Dürer und Hans Sachs haben überaus großes Interesse an den Reden des Mannes bekundet.Man kann nur hoffen, dass das nun aufhört, jetzt, da Luther tot ist.«»Jedenfalls hörte ich Meister Dürer erst vor einigen Tagen im Bratwurstglöcklein den Tod dieses ach so gottgeistlichen Menschen beklagen«, meldete sich ein Dunkelhaariger mit einem gewaltigen Kropf zu Wort.Sebastian kannte ihn.Er hieß Johann Samer, war Apotheker und wohnte unweit der Burg.»Gottgeistlich, Johann?« Pankratius’ Züge verdüsterten sich.»Das waren seine Worte.›Wer wird uns nun das heilige Evangelium so klar vortragen?‹, hat er gejammert, unser allseits geehrter Meistermaler.« Die feisten Wangen des Mannes bebten vor Empörung.»Der Ruhm, der ihm in Italien und den Niederlanden zuteilwird, hat ihm wohl den Verstand vernebelt.Unser neu ernanntes Ratsmitglied ist immer öfter krank, seit er und seine Frau aus Antwerpen zurückgekehrt sind.Bald jede Woche schickt die Dürerin nach Arzneien für ihren Mann.«»Wie auch immer«, gab Pankratius heftig zurück.»Wenn Nürnbergs klügste Köpfe schon nicht gegen die Lehren dieses Sachsen gefeit sind, wie soll sich dann das Volk dagegen wehren! Gut, wenn diesem unseligen Treiben endlich ein Ende bereitet worden ist.«Der Mann rechts neben Sebastian hatte sich bisher kaum geäußert, doch nun schob er sich das volle Haar hinter die Ohren.»Vielleicht hat ja der Kaiser Luther aus dem Weg räumen lassen, nachdem der sich geweigert hat, seine ketzerischen Schriften zu widerrufen.«Pankratius knallte seinen Becher auf den Tisch und zog ein Gesicht, als habe er Essig statt Bier getrunken.Im Licht der Lampen sah Sebastian seine Augen funkeln.»Der Teufel soll sie alle holen, die sich gegen den Allmächtigen und die Heilige Kirche auflehnen!«Während des nun folgenden Tischgesprächs lernte Sebastian die Namen einige der Männer kennen, die zu Pankratius’ Anhängern gehörten.Sein Nachbar zur Rechten stellte sich als »Lukas Wendel, Gerber« vor.Der Blasse mit dem kahlen Haupt hieß Augustin Hofer und betrieb eine Brauerei nahe der Pegnitz, und der junge Kerl mit den kurzen blonden Haaren nannte sich Ferdinand.Es war spät geworden, und Sebastian schwirrte der Kopf, als Sepp und er sich endlich auf den Heimweg machten.Nicht ohne von Kilian Pankratius zu ihrer nächsten Versammlung in einer Woche eingeladen worden zu sein.KAPITEL 14Nach einer unruhigen Nacht, aus der sie schluchzend erwachte, fühlte sich Anna am folgenden Morgen wie gerädert.Im Traum hatte Martin ihre Tränen verhöhnt.Sie hätte doch nicht wirklich daran geglaubt, dass er auf sie warten würde? Während er noch lachte, hatte er seine Frau an sich gezogen und Anna mit blitzenden Augen nachgerufen, wie viel schöner und wohlhabender seine Therese war.Ihre Kehle war noch immer wie zugeschnürt.Vielleicht war an dem Albtraum sogar ein Funken Wahrheit dran, und Onkel Gerald hatte Martin nicht lange überreden müssen, seine ursprünglichen Heiratspläne zu verwerfen?Noch lange Zeit saß sie auf dem Bett und starrte ins Nichts.Wie hatte es geschehen können, dass er bereits nach wenigen Monaten wortbrüchig geworden war? Wie konnte er sie aufrichtig geliebt haben, wenn er seine Gefühle für sie wie schmutzige Kleidung einfach abwarf, um sich einer anderen zuzuwenden? Annas Augen füllten sich erneut mit Tränen, doch sie blinzelte sie energisch fort.Er verdiente sie nicht.Nachdem sie sich wieder gefasst hatte, blickte sie im Raum umher.Auf dem Hocker neben ihrem Bett fand sie ein einfaches, aber reichhaltiges Frühstück vor.Dietl musste den Gemüsebrei und den Becher Milch hineingestellt haben, während sie geschlafen hatte
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