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.Es dauerte nicht lange, dann hallten Trompetensignale über den Kasernenhof, Soldaten quollen aus den Unterkünften und formierten sich, vier Kompanien stark, zu einem großen Karree.Es erschienen auch einige Offiziere.Zu einem von ihnen, der wohl der ranghöchste, aber nicht der Regimentskommandeur selber war, trat unser Stabsmajor hin, salutierte und erstattete über den Vorfall eine kurze Meldung.Danach kehrte er zu uns zurück und richtete Großvater aus, während der hohe Offizier mit seinen Herrn in die Mitte des Karrees trat und von dort mit lauter Stimme eine kurze Ansprache an die versammelten Mannschaften richtete, daß der Herr Oberstleutnant sein Bedauern ausdrücken lasse und Großvater ersuche, bei der Bestrafung des Übeltäters als Zeuge zugegen zu sein.Großvater schluckte trocken und murmelte, daß er dem Kerl seine Uhr gern überlassen hätte, wenn er geahnt hätte, was das für Folgen haben würde.Aber der Major antwortete scharf, als alter Soldat müsse Großvater doch wissen, daß Disziplin das oberste Gebot in jeder Armee sei und daß man sie mit Gewalt herstellen müsse, wenn sie anders nicht zu erreichen sei.Darauf wußte Großvater keine Antwort zu geben.Indessen war ein Tisch in der Mitte des Karrees aufgestellt worden, und von der Wache her kamen, von einem baumlangen, bärenstarken Unteroffizier, dem Regimentsprofos angeführt, sechs Mann anmarschiert, in deren Mitte unser Uhrendieb im gleichen Marschtritt mitmarschierte.Er machte gar keinen bedrückten oder ängstlichen Eindruck und grinste, als der kleine Zug an uns vorüberkam, Großvater recht breitmäulig an.Vor dem Tisch machte der Profos mit seiner Gruppe halt, erstattete dem Oberstleutnant lautstark Meldung und nahm dessen Kommando in strammer Haltung entgegen.Eine knappe Sekunde später rissen zwei seiner Leute dem Dieb die braune Uniformbluse von den Schultern, so daß man seinen nackten, schweißigen Rücken in der Sonne glänzen sah.Die vier anderen wollten zupacken und ihn auf den Tisch zerren, aber er wehrte sie ab und legte sich mit ausgebreiteten Armen freiwillig darauf.»Sieh nicht hin, Jungchen!« sagte Großvater und blickte selber starr zu Boden, »das ist kein Anblick für dich!«Und dann ließ der Profos die Knute fünfundzwanzig Mal auf den Rücken des Delinquenten sausen.Man hörte das Klatschen der schweren, ledergeflochtenen Peitsche, aber der Mann auf dem Tisch, auf dessen Rücken sie niederpfiff, gab keinen Laut des Schmerzes von sich.Wie ein Indianer am Marterpfahl.Er hat mir mächtig imponiert, und wenn es mich auch ein bißchen im Hals würgte, so nötigte er mir noch mehr Respekt ab, als ich sah, wie er sich von dem Tisch herunterschob, zu stehen kam, nach seiner Bluse griff und mit seinem blutig verstriemten Rücken über den Kasernenhof stramm zu seinem Quartier abmarschierte.Großvater war ganz grau im Gesicht, als der Major uns zum Kasernentor brachte und dort entließ.Er fühlte sich noch Tage hinterher ganz elend und sagte zu Großmutter, solch eine Exekution mit der Knute sei fast noch schlimmer als eine Hinrichtung.Das gehe Ruckzuck und dann sei alles vorbei.Aber fünfundzwanzig Knutenhiebe, das gehe einfach gegen alle Menschenwürde.Er stellte seine Nachmittagsspaziergänge ein, und er ging nicht einmal zur Beerdigung seines alten Freundes Bienkowski, der bald nach unserem Besuch im Krankenhaus gestorben war.Er sagte, für Beerdigungen habe er einfach nicht mehr die Nerven.Und damit man ihm nicht nachsagen konnte, er wäre am Tage der Beisetzung doch gesund und munter gewesen, blieb er die ganze Woche über im Bett und legte Patiencen.Nicht lange danach liefen neue Gerüchte durch die Stadt.Kein Mensch wußte zu sagen, woher sie kamen, denn es gab keine Verbindung zur Außenwelt.Es hieß, der General von Prittwitz und Gaffron habe sein Kommando abtreten müssen und einem General namens Hindenburg übergeben.Niemand kannte dessen Namen, aber man erzählte sich, daß Hindenburg eine große Armee diesseits der Weichsel zusammengezogen habe und im Anmarsch auf die russischen Frontstellungen sei.Mochten die Gerüchte wahr oder falsch sein, sie bewirkten, daß Großvater von der Fleischbrühe, die Großmutter ihm als Krankenkost ans Bett brachte, wieder zu fester Nahrung zurückkehrte und bedeutend munterer aus den Augen blickte.Er wagte sich sogar wieder auf die Straße, aber er kam gar nicht ermutigt, sondern eher beunruhigt zurück und meinte, daß an den Gerüchten etwas Wahres dran sein müsse, merke man vor allem an der Haltung der Russen; sie seien recht nervös und lange nicht mehr so freundlich wie früher, und die Regimenter, die in der Stadt gelegen hätten, seien abgezogen und durch Kerle ersetzt worden, denen er bei Nacht nicht gern begegnen möchte.Mir trug er auf, die Hausbewohner zu verständigen, sich bei ihm zu einer kleinen Besprechung einzufinden, und als sie sich alle im Wohnzimmer versammelt hatten, da erzählte er ihnen von seinen Beobachtungen und sagte, daß er das Gerede vom Anmarsch deutscher Truppen jetzt nicht mehr für ein bloßes Latrinengerücht halte.Aber es solle ja niemand glauben, daß es bei der Befreiung der Stadt, wenn es dazu kommen sollte, so leise und heimlich zugehen werde wie es bei ihrer Besetzung durch die Russen geschehen war.Das werde ohne Kampf und Artilleriebeschuß kaum abgehen und könne stunden- und womöglich tagelang dauern.Und er empfahl den Frauen, Vorräte an Lebensmitteln bereitzustellen und die Kellerräume ein bißchen wohnlich zu machen, damit man es im Notfall eine Zeitlang aushalten könne.Er sagte das in aller Ruhe und Gelassenheit, so daß niemand in Panik geriet.Nicht nur die Frauen im Haus, auch die Männer schleppten Bettzeug und alle möglichen Sitzgelegenheiten in den Keller hinab.Die Beschaffung von Eßvorräten bereitete Großmutter eine Menge Sorgen, denn vorzukochen hatte wenig Zweck, da Gesottenes oder Gebratenes in der Hitze der Hundstage schnell verdarb
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