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.»Die sind doch unlängst überfallen worden.Hat einer die Kassa gemacht.Es sind halt unruhige Zeiten.Da reißt du mit deinem Adventkranzschmäh noch am ehesten was.«Leopold wollte sich auf keine Debatte auf der niederen Ebene des Brotneides einlassen.Sein Kopf war sowieso mit anderen Gedanken beschäftigt.Tante Agnes würde die Weihnachtsfeiertage bei ihm verbringen.Der Schock saß tief.Er würde sie am morgigen Vormittag vom Franz-Josefs-Bahnhof abholen müssen, daran führte wohl kein Weg vorbei.Aber was kam dann? Sie würde sich in seiner Wohnung häuslich einrichten.Sie würde alles in eine eigene Ordnung bringen, sodass er nichts mehr finden würde.Sie würde den Eiskasten vollstopfen, sodass er nach Weihnachten alles wieder haufenweise wegwerfen musste.Sie würde schneller Teil seines Lebens sein, als ihm lieb sein konnte.Die Zukunft war schrecklich nahe.Um sich abzulenken, ging Leopold zum Philosophentisch.Man konnte ja ohne Weiteres einmal eine erste Bestellung aufnehmen.Ein Seitenblick auf den Frick-Tisch zeigte ihm, dass es dort bereits munter zur Sache ging.Die Mitarbeiter waren schon ziemlich vollzählig versammelt und taten sich an den leckeren Brötchen gütig, die Frau Heller zubereitet hatte.Außerdem standen einige Flaschen Sekt und Orangensaft für ein Begrüßungsgetränk bereit.Bei den Philosophen sah die Sache, was das leibliche Wohl betraf, wie erwartet etwas karger aus.Kleiner Brauner, kleiner Brauner, kleiner Brauner, Melange – und bitte ja nicht das Wasser vergessen! Die vier vorläufig anwesenden Herrschaften frönten ganz offensichtlich dem Prinzip der Schlichtheit.Der pensionierte Gymnasiallehrer und Ex-Kollege von Thomas Korber, Rudolf Caha, winkte Leopold noch einmal kurz zu sich.»Bei der Feier da drüben könnte es ganz schön laut werden«, äußerte er seine Befürchtung.»Wie sollen wir unseren Gedanken da freien Lauf lassen? Haben Sie denn die Leute nicht woanders hinsetzen können?«»Das Lokal ist voll«, erteilte Leopold achselzuckend Auskunft.»Bei der Billardpartie am ersten Tisch geht’s ums Weihnachtsgansl und hinten bei den Kartentipplern um die Zeche am Christtag beim Heurigen.Da herrscht auch keine Friedhofsruhe.Außerdem ist Winter, und die Zeiten werden schlechter.Wir müssen eben alle ein bisschen näher zusammenrücken.«»Es wäre besser, wenn du dir ein Thema für den heutigen Abend überlegen würdest, bevor die anderen kommen«, machte ihn sein Nachbar Bernhard Klein gelassen aufmerksam.»Was du letztes Mal vorgeschlagen hast, nämlich die Kommerzialisierung von Weihnachten im Spiegel des Konsumdenkens unserer Zeit, erscheint mir doch ein wenig abgedroschen.«»Es war nur ein Gedanke, nicht mehr«, rechtfertigte Caha sich.»Von mir aus können wir über alles diskutieren.«»Nun, mit Weihnachten im weiteren Sinn sollte es schon zu tun haben«, brachte sich Gernot Stolz, ein kleiner, etwas eitel wirkender Mittfünfziger, in die Debatte ein.»Mir ist eingefallen, wie viele elektronische Dinge mitsamt ihren Scheinwelten auf dem Gabentisch landen werden.Ist das nicht ein Zeichen dafür, wie sehr die Menschen dazu neigen, in eine andere Wirklichkeit zu entfliehen? Und je raffinierter und ausgeklügelter die angebotene Virtualität wird, desto schwerer fällt es, sie von der tatsächlichen Realität zu unterscheiden.Ein durchaus diskutierenswürdiger Aspekt, würde ich meinen.Die Industrie liefert uns alles, was zur Weltflucht notwendig ist.Immer mehr von uns nehmen dieses Offerte dankend an mit dem Ergebnis, dass sie das virtuell Erfahrene für wirklicher halten als die Wirklichkeit selbst.«»Ich habe nichts dagegen, wenn wir uns dieser Problematik widmen.« Caha zeigte sich zufrieden.»Ihr wollt euch also auf dieses derart weit gestreute Thema einlassen?«, wandte Klein ein.Er war zweifelsohne der Kopf der Runde.Mit am Hinterkopf zu einem kleinen Schwanz zusammengeflochtenem schwarzem Haar, das schon von grauen Strähnen durchzogen war, einem knallbunten Pullover und einer ausgewaschenen Jeans thronte er lässig auf der Eckbank.»Die Vielfalt dessen, was wir unter Realität verstehen und die Frage nach dem eigentlich Seienden? Ich habe Angst, dass wir dabei ein wenig den Faden verlieren könnten, aber bitte.Ich darf dabei zu Anfang allen Platons Höhlengleichnis in Erinnerung rufen.Es handelt von den Menschen, die in einer Höhle sitzen, auf von einem Feuer an die Wand geworfene Schatten glotzen und fest davon überzeugt sind, dass sie das pralle Leben vor sich haben.Als ihnen jemand sagen möchte, wie die Dinge wirklich sind, weil er draußen die Sonne gesehen hat, wollen sie gar nicht darauf hören.Plato ging es bekanntlich darum, ob das, was gemeinhin als Wirklichkeit betrachtet wird, nicht nur der Schatten von etwas Größerem ist [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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