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.Hier gab es Läden, breite Schaufensterfronten, Restaurants - war das da chinesisch, diese komischen Schriftzeichen? -, ein Supermarkt, der sich auf einem Parkplatz von der Größe eines Fußballstadions erhob, gesäumt von etwa dreißig kleineren Geschäften.Neben Tepoztlán, sogar neben Cuernavaca, nach dem Müllplatz in Tijuana, nach Venice und der muffigen, tristen Hölle des Cañons war es geradezu das Paradies.Und als sie zu dem Möbelgeschäft kamen - mit den Sofas und Sesseln, den Teppichen und den eleganten Lampen, geschickt arrangiert wie in den Hollywoodfilmen -, konnte sie Cándido nicht mehr weiterziehen.»Komm doch, es ist schon spät, du kannst dir den Kram ein andermal ansehen, los, weiter«, sagte er und zerrte an ihrem Arm, aber sie rührte sich nicht von der Stelle.Volle zehn Minuten lang.Es war fast, als wäre sie in Trance; sie reagierte nicht.Am liebsten wäre sie direkt in das Geschäft gegangen und hätte sich jeden Abend auf einer anderen Couch zum Schlafen hingelegt, und es wäre ihr schnurzegal gewesen, daß die ganze Welt zum Fenster hereinsehen konnte.Canoga Park war anders.Hier war alles beengter und schäbiger, es gab viele Secondhandläden und Autoersatzteilhändler, schmutzige Restaurants und cantinas mit vergitterten Fenstern, aber auf den Straßen waren lauter Menschen wie sie, und das gab ihr wieder ein besseres Gefühl, ließ sie zum erstenmal wirklich glauben, daß auch sie hier leben konnte, daß es möglich war, weil Tausende andere es auch geschafft hatten.Auf den Straßen wurde spanisch gesprochen, nichts als spanisch.Kinder sausten auf Skateboards und Fahrrädern vorbei.Ein Straßenhändler verkaufte Maiskolben, die er auf einer alten Tonne röstete.América hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen.Dann führte Cándido sie in ein Restaurant, nur ein kleines Loch in der Mauer, mit fünf Hockern an einer Theke und zwei Resopaltischen in der Ecke, aber sie weinte fast vor Freude.Bevor sie eintraten, zupfte sie an ihrem Haar herum - sie hätte sich einen Zopf flechten sollen - und versuchte, ihr Kleid glatt zu streichen und die Kletten und Blätter abzustreifen.»Du hast mir nichts gesagt«, sagte sie.»Ich sehe bestimmt fürchterlich aus.«»Du siehst prima aus«, sagte er, aber sie glaubte ihm nicht.Wie konnte das sein? Sie hatte seit Ewigkeiten im Wald gehaust und in der ganzen Zeit nicht einmal einen kleinen Taschenspiegel gehabt.Der Kellner war Mexikaner.Der Koch am Grill war Mexikaner.Der Tellerwäscher war Mexikaner, und der Mann, der den Boden wischte, die große, füllige Mutter mit ihren zwei niñitos und die fünf Männer, die auf den fünf Hockern saßen und in ihre Kaffeetassen pusteten, waren Mexikaner.Die Speisekarte war auf spanisch.»Bestell dir, was du willst, mi vida«, sagte Cándido und versuchte zu lächeln, aber er sah nach wie vor besorgt aus.Sie bestellte huevos con chorizo und Toast, richtigen Toast, den ersten Toast, seitdem sie von zu Hause fort war.Die Butter schmolz auf dem Toast in süßen gelben Pfützen, die salsa in dem Schälchen auf dem Tisch schmeckte noch besser als die, die ihre Mutter machte, und der Kaffee war schwarz und stark.Den Zucker gab es in kleinen Tütchen, und sie schüttete sich so viel davon in die Tasse, daß der Löffel steckenblieb, als sie umrühren wollte.Cándido bestellte sich zwei Rühreier mit Toast und aß wie ein wildes Tier, das man aus dem Käfig gelassen hatte, dann ging er zur Theke vor und sprach mit den Männern, während América auf die Toilette ging, die zwar schmutzig und eng war, aber für sie dennoch den allergrößten Luxus darstellte.América betrachtete sich im Spiegel durch einen Vorhang aus dreieckigen Zeichen und Sprüchen, die in das Glas geritzt waren, und sie entdeckte, daß sie immer noch hübsch war, eine gute Farbe im Gesicht hatte und gesund aussah.Sie blieb lange auf der Toilette.Zog sich bis zur Hüfte aus, wusch sich den Oberkörper mit der flüssigen gelben Seife und ließ das Wasser in das Becken laufen, lange nachdem sie fertig war, ließ es laufen, nur um es zu hören.Später stand Cándido mit zweihundert anderen Männern an einer Straßenecke, und sie schmiegte sich an ihn.Die Gespräche drehten sich um bittere Dinge.Es herrschte Rezession.Arbeit gab es keine.Zu viele waren von Süden heraufgekommen; vor sechs Jahren hatte es noch Arbeit für alle gegeben, aber jetzt warteten auf jeden Job zwanzig Männer, und die Arbeitgeber wußten das und zahlten nur noch den halben Lohn.Die Männer hungerten.Ihre Frauen und Kinder hungerten.Für Arbeit taten sie alles, und sie nahmen jede Arbeit an - sie steckten ein, was man ihnen zahlte, und dankten dem Boss noch auf Knien dafür.Die Männer lehnten an Hauswänden, saßen auf dem Bordstein, rauchten und unterhielten sich in kleinen Gruppen.América betrachtete sie, so wie sie die Männer bei der Arbeitsvermittlung betrachtet hatte, und was sie sah, ließ sie den Mut verlieren und machte ihr Angst: sie hatten keine Hoffnung mehr, sie waren innerlich tot, verkrüppelt und geschlagen und kaputt wie Äste, die man von einem Baum gerissen hatte.Cándido und sie blieben eine Stunde lang dort, weniger in der Hoffnung auf Arbeit - es war lächerlich, angesichts von zweihundert Mann auch nur daran zu denken -, sondern um mit den Leuten zu reden, Neues zu erfahren und ein wenig die Lage zu beurteilen.Wo konnten sie bleiben? Wo aß man am billigsten? Gab es Straßenecken, wo es besser lief? Wurden drüben auf dem Baumarkt Leute angeheuert? In der ganzen Zeit, mindestens eine Stunde war es, sah sie nur zwei Autos anhalten, und nur sechs Männer aus dem ganzen Haufen kletterten auf die Ladeflächen.Und dann machten sie sich wieder auf den Weg.Sie marschierten den ganzen Tag die Straßen auf und ab, durch die kleinen Gassen, die Hauptstraßen entlang, und wieder zurück.Cándido war mürrisch und schlechtgelaunt, sein Blick verhieß nichts Gutes.Als es Abend wurde, war nichts geklärt, außer daß sie wieder Hunger hatten und Américas Füße mehr denn je schmerzten.Sie saßen auf einem Mäuerchen vor einem klotzigen öffentlichen Gebäude - dem Postamt? -, als ein Mann in ausgebeulten Hosen, das lange Haar von einem schwarzen Haarnetz zusammengehalten, sich neben sie setzte.Er war um die Dreißig und trug ein bunt kariertes Flanellhemd, das er bis zum Kragen zugeknöpft hatte, obwohl es so heiß wie in einem Hochofen war.Er bot Cándido eine Zigarette an.»Ihr seht aus, als wüßtet ihr nicht wohin, compadre«, sagte er, und sein Spanisch hatte einen harten, nordamerikanischen Beiklang.Cándido antwortete nicht, zog nur an der Zigarette und starrte ins Leere.»Sucht ihr was zum Bleiben? Ich wüßte da was«, sagte der Mann und beugte sich dabei vor, um América ins Gesicht zu sehen.»Billig.Und sauber.Total sauber.«»Wieviel?« fragte Cándido.»Zehn Dollar.« Er blies den Rauch durch die Nasenlöcher aus.América sah, daß er eine Tätowierung hatte, die wie eine Kette um den ganzen Hals verlief, kleine blaue Zahlen oder Buchstaben, genau erkannte sie es nicht.»Pro Kopf.«Cándido sagte nichts dazu.»Es ist die Wohnung meiner Tante«, sagte der Mann.Ein näselnder Ton schlich sich in seine Stimme, und América hörte die Verlockung darin.»Total sauber.Fünfzehn Scheine für euch beide.« Schweigen.Der Verkehr kroch vorbei.Die Luft war schwer und braun, dick wie Rauch.»He«, sagte er schließlich, »compadre, hast du ein Problem? Ihr braucht doch was zum Übernachten, stimmt's? Du kannst das hübsche kleine Ding hier unmöglich auf der Straße lassen.Das ist gefährlich.Das wäre nicht gut.Ihr braucht was.Zwei Nächte für zwanzig Dollar, okay? Ich meine, ein Palast ist es auch nicht.Es ist gleich da um die Ecke.«América beobachtete Cándidos Gesicht.Sie wagte nicht, sich in die Verhandlungen einzumischen, gleichgültig wie müde und genervt sie war.Es wäre nicht recht.Die beiden Männer mußten die Sache aushandeln.Sie tasteten einander ab, weiter nichts, sie feilschten, so wie man auf dem Markt feilscht [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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