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.Eine Frau mit streng nach hinten gekämmtem dunklem Haar und einer blau getönten Brille starrte mich an und drückte ihre Aktentasche an sich.Vermutlich dachte sie darüber nach, ob ich es auf ihre Brieftasche abgesehen hatte.An der gegenüberliegenden Wand, hinter den Gleisen, befand sich das, was ich hier gesucht hatte: Auf einem Infoscreen lief Werbung, die ab und zu von den neuesten Nachrichten unterbrochen wurde.Zumindest konnte ich mich hier darauf verlassen, dass auch die blutrünstigsten Meldungen garantiert übertragen wurden.Eine Gruppe gelangweilter Dreizehnjähriger schlenderte auf dem Bahnsteig in Richtung Rolltreppe.Zwei der Jungs rauchten, obwohl es hier unten verboten war.Im Vorbeigehen bliesen sie den Rauch betont in meine Richtung, grinsten über mein Outfit und starrten halb neugierig, halb neidisch auf meine Blessuren.Einer machte schon den Mund auf, um etwas zu sagen, doch als ich ihn scharf ansah, überlegte er es sich noch mal und hielt die Klappe.Schlaues Kerlchen.Sie versperrten mir noch ein, zwei Sekunden die Sicht auf den Schirm, dann waren sie endlich weg und ich konnte in Ruhe warten.Handywerbung mit halb nacktem Model.Tourismuswerbung mit halb nacktem, braun gebranntem Model.Eine Anzeige des Kunstmuseums mit gemaltem Impressionismus-Aktmodell.Und dann – endlich – ein paar Nachrichten.Als der Reporter auftauchte, der heute Morgen vor dem Übertragungswagen gestanden hatte, beugte ich mich vor und kniff die Augen zusammen.Das Kreischen einer bremsenden Bahn am Bahnsteig, das mir trotz der Ohrstöpsel fast die Schädelplatte durchsägte, übertönte die Stimme des Reporters.Wie ein besorgter Goldfisch, der im Regen schwimmt, klappte er stumm den Mund auf und zu.Ein Stück der Tartanbahn wurde eingeblendet, ein Leichenwagen, Polizisten, die sich über eine Plane beugten.Dann erschien ein Foto.Eine Frau, die selbstbewusst in die Kamera lächelte.Der Schnitt ihrer Bluse und die Frisur ließen vermuten, dass das Foto schon älter war – vielleicht aus den Achtzigern.Die Farben des Bildes waren grünlich ausgebleicht und am Rand war ein Stanzloch – als wäre das Foto an einen Ausweis getackert gewesen.Ich starrte das lächelnde Gesicht an.Die Frau war hübsch.Stark geschminkt, schmales Gesicht, rotes, gepflegtes Haar, zu einer dramatischen Lockenfrisur hochgesteckt.Das Bremsgeräusch verebbte, langsam wurde die Stimme des Sprechers wieder deutlicher.»… haben heute in den Morgenstunden die grausam zugerichtete Leiche entdeckt.Inzwischen konnte die Tote identifiziert werden.«Immer noch starrte ich das Foto an.Irgendetwas ließ mich stutzig werden.Die klaren Augen und die etwas zu breiten Lippen.Vor allem aber das rote Haar.Als ich endlich begriff, sprang ich von der Bank hoch.Barb! Es war tatsächlich Barb!»Es handelt sich um die dreiundfünfzigjährige Obdachlose Barbara Ruth Villier«, verlas der Sprecher mit sachlicher Stimme.»Die ehemalige Börsenmaklerin lebte seit mehr als zwanzig Jahren auf der Straß e …«Mir fiel fast das Handy aus der Hand, als ich es aus der Tasche riss.Dann fiel mir ein, dass es hier unten keinen Empfang gab.Was ohnehin keine Rolle mehr spielte, weil der Akku, kaum dass ich Gizmos Nummer wählte, mit einem letzten wehleidigen Piepsen endgültig den Geist aufgab.DurgaPaula sah heute atemberaubend aus: Die roten Locken zu einer noch wilderen Mähne gekämmt, dazu ein schmaler, kurzer Rock und eine gelb-rote Jacke – und das alles zu blauen Leggings und hohen Schuhen, die ihre durchtrainierten Beine gut zur Geltung brachten.»Ist dein großer Unbekannter Stummfilmfan?«, fragte sie beim Blick auf Zoës schlichte weiße Jeans und das schwarze Oberteil.»Nein, die Trennung von David war so ein Schock, dass ich vor lauter Heulen farbenblind geworden bin«, konterte Zoë trocken.Paula versank auf der Stelle in betretenes Schweigen, und Zoë fragte sich wieder einmal, ob ihr Humor tatsächlich so schwer zu verstehen war.Nervös klimperte sie mit ihrem Kleingeld in der Jackentasche, während sie das Programmkino links liegen ließen und zur Buddha Lounge weitergingen.Das Viertel hier war belebt, Innenstadt, der Verkehr rauschte um die Verkehrsinseln.»Du kennst ihn wirklich überhaupt nicht?«, fragte Paula nach einer Weile.»Nur einmal gesehen«, erwiderte Zoë.Paula schüttelte den Kopf.»Ich kann immer noch nicht glauben, dass du nachts heimlich abhaust.« Aber es klang eher bewundernd als fassungslos.Zoë hätte ihr gerne gesagt, dass sie sie manchmal um die Freiheit beneidete, solche Aktionen nicht nötig zu haben.Paulas Eltern waren von ihren älteren Söhnen Schlimmeres gewohnt und nahmen es locker, wenn die Jüngste nur tanzen gehen wollte.Selbst wenn es Sonntagnacht war.Und um Punkt zehn nach elf würde Paulas ältester Bruder mit dem Auto beim Treffpunkt am Kino vorfahren und sie abholen.Zur Abwechslung war das mal ein wirklich rundum behüteter Ausflug.Zwar hatte Zoë nur eine Stunde.Aber das war besser als nichts.Der Eingang zur Buddha Lounge war fast unsichtbar – ein unauffälliges, von Abgasruß bedecktes Leuchtschild, eine Treppe, die in einen Keller führte.Leute standen oder saßen auf den Stufen und rauchten.Viele schon weit über zwanzig, einige sogar jenseits der dreißig, die wenigsten von ihnen waren besonders aufgedonnert.Einige trugen ausgeleierte schwarze Sweatshirts und sahen aus, als würden sie nur von Chips und Fertigpizza leben.Aber die Musik, die Zoë schon am Eingang erahnen konnte, hörte sich gut an – fast altmodisch klingende E-Geigen und Drums.Einige Minuten blieben sie vor dem Eingang stehen und warteten.Dann, als sie es kaum noch aushielt, sah Zoë ungeduldig auf die silbergelbe Uhr an ihrem Handgelenk.Sie musste sie seitlich halten, um die Zeiger unter dem zerkratzten Uhrglas zu erkennen.Schon fast Viertel nach zehn! Und immer noch kein Irves weit und breit.Versetzt zu werden war heute das Letzte, was sie brauchte.»Komm«, sagte sie und fasste Paula am Handgelenk.»Hey, willst du nicht warten?«Zoë schüttelte den Kopf.»Wer zu spät kommt, darf mich suchen«, sagte sie verärgert.»Wir gehen rein.«Der Eintritt war ein teurer Spaß, aber jetzt spielte das auch keine Rolle mehr.Immerhin war die Musik nicht schlecht.Sie erinnerte an eine Mischung aus Trance und Bombay Dub Orchestra, ein treibender Beat, der ihr auch sofort in die Beine ging.Die Lounge war ein labyrinthisch verwinkelter Gewölbekeller.Die Wände waren schwarz gestrichen, in den Nischen waren goldene Buddhas und andere Gottheiten platziert und farbig angeleuchtet.»Wie alt ist dein Irves eigentlich?«, fragte Paula misstrauisch.»Doch wohl hoffentlich kein vierzigjähriger Esoteriker, oder?«Zoë musste grinsen.»Achtzehn … schätze ich jedenfalls.Und er ist nicht ›mein Irves‹.«»Wie sieht er aus?«»Gut genug.«Paula schnaubte und rollte die Augen, doch dann sah sie sich unternehmungslustig um.Zwischen den vielen schwarz gekleideten Leuten hier unten fiel sie auf wie ein Paradiesvogel.Doch sie kümmerte sich nicht um die neugierigen oder abschätzenden Blicke.»Ich hol uns was zu trinken!«, rief sie Zoë zu.»Eine Cola?«Zoë nickte.Sie sah sich ein letztes Mal nach Irves um, dann hielt sie die Ungeduld nicht länger aus und ging auf die Tanzfläche zu.Jedes Mal war sie überrascht, wie einfach es war: Es war wie Fallen, nur ohne den Angstschwindel.Sie machte einen Schritt auf die Tanzfläche und die Bässe fingen sie auf.Weißes Rauschen im Kopf.Angenehm und erlösend wie eine Narkose.Sie schloss die Augen halb, bis sie nur das Gleiten von Licht und die schattenhaften Bewegungen der anderen Tänzer wahrnahm.Dann überließ sie sich der Musik.Es war wie verhext.Gizmo war den ganzen Tag nicht zu erreichen gewesen.Ich hatte vor seiner Kellertür gewartet, dann aber entnervt aufgegeben.Gegen Abend war der Sportplatz endlich wieder leer und begehbar [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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